Informationen über die sichere Verwendung von Gemischen

Mittlerer Abstand

  • Kerstin Heitmann, UMCO-Hamburg, Senior Expert Chemikalien-Management 


Veröffentlicht am 15.01.2019

Mittlerer Abstand

Wie können Informationen über die sichere Verwendung von Gemischen in der Lieferkette weitergegeben werden.

UMCO GmbH

1. Hintergrund zu erweiterten Sicherheitsdatenblättern

Mit der Umsetzung der REACH-Verordnung werden zunehmend erweiterte Sicherheitsdatenblätter mit Expositionsszenarien zur Verfügung gestellt. Nachgeschaltete Anwender sind verpflichtet, die enthaltenen Informationen zur sicheren Verwendung der betreffenden Chemikalien für das interne Risikomanagement zu nutzen. Formulierer von chemischen Produkten wiederum sollen entsprechende Informationen an ihre Kunden weitergeben.

Daraus schließen viele Anwender, dass auch Sicherheitsdatenblätter für Gemische entsprechende Expositionsszenarien enthalten müssen. Anders als bei registrierten Gefahrstoffen sind Expositionsszenarien für Gemische aber keine gesetzliche Vorgabe. Sie sind lediglich eine von mehreren Möglichkeiten, um Informationen über die sichere Handhabung von Gemischen in der Lieferkette weiterzugeben.


    2. Rechtliche Anforderungen an Sicherheitsdatenblätter

    Artikel 31 der REACH-Verordnung verpflichtet die Lieferanten von Gefahrstoffen, dem Abnehmer ein Sicherheitsdatenblatt zur Verfügung zu stellen. Nach Satz 7 dieses Artikels sind Registranten von Stoffen außerdem verpflichtet, die einschlägigen Expositionsszenarien beizufügen, sofern sie eine Stoffsicherheitsbeurteilung nach Artikel 14 durchgeführt haben. Daraus ergeben sich die erweiterten Sicherheitsdatenblätter (eSDB) für Stoffe.

    Formulierer sind nachgeschaltete Anwender. Diese müssen zwar die Informationen aus den erhaltenen eSDBs der eingesetzten Stoffe berücksichtigen, es gibt aber keine generelle rechtliche Verpflichtung eSDBs für Gemische zu erstellen und zu kommunizieren. Es ist daher erlaubt und ausreichend, wenn Formulierer von gefährlichen Gemischen die relevanten Informationen aus den eSDBs der enthaltenen Stoffe konsolidieren und in das Gemisch-SDB integrieren (siehe dazu auch BekGS 409[1] der BAuA). 


    [1] https://www.baua.de/DE/Angebote/Rechtstexte-und-Technische-Regeln/Regelwerk/TRGS/pdf/Bekanntmachung-409.pdf?__blob=publicationFile&v=2; Antwort zu Frage 1.4, S. 8

    3. Informationen zur sicheren Verwendung von Gemischen

    Im Rahmen der Registrierung eines gefährlichen Stoffes (≥ 10 t/a) ist eine Expositionsbeurteilung durchzuführen und Expositionsszenarien (ES) für jede identifizierte Verwendung über den Lebensweg des Stoffes sind zu erstellen (REACH Artikel 14). Die ES beschreiben die Anwendungsbedingungen (OC) und Risikomanagementmaßnahmen (RMM) unter denen der Stoff sicher verwendet werden kann. Im Anschluss an die Registrierung sollen diese Informationen mit dem eSDB für die Lieferkette zur Verfügung gestellt werden.

    Ein Formulierer erhält somit für registrierte Gefahrstoffe in seinem Gemisch nicht nur ein Expositionsszenarium mit Empfehlungen zum sicheren Umgang für seine eigenen Formulierungsprozesse, sondern auch mindestens eines für den sicheren Umgang mit Endprodukten – z. B. Lacken, Klebstoffen, Reinigungsmitteln. Genau diese Informationen soll der Formulier nach Artikel 31, Nr. 7 an die Anwender weitergeben.

    Über das „Wie“ schweigt sich die Verordnung jedoch aus. Die Erstellung eines konsolidierten ES für das Gemisch ist dabei lediglich eine Möglichkeit, diese Anforderung umzusetzen. Nur wenige Formulierer nutzen die ebenfalls erlaubte Option, die ES der Stoffe an das Gemisch-SDB einfach anzuhängen. Die meisten Formulierer verzichten jedoch auf angehängte Expositionsszenarien – für die in der Regel auch keine Software-Lösungen verfügbar sind – und integrieren ggf. die zusätzlichen Informationen in den Abschnitt 8 des SDB.

    4. Lösungsansätze

    Im Rahmen von ENES (Exchange Network on Exposure Scenarios) arbeiten verschiedene Verbände (A.I.S.E, CEFIC, Concawe, Eurometaux, Fecc und der DUCC) mit der ECHA zusammen an standardisierten Lösungen zu diesem Thema. Initiativen können dabei sowohl von den Anwenderbranchen („Bottom-up“) als auch von den Registranten („Top-down“) ausgehen. Das „Use Descriptor System“ der ECHA-Leitlinie[1] ist dabei weiterhin die Basis für die Verwendungsbeschreibung für Stoffe. Bei Gemischen wird auf die Auflistung der Deskriptoren in der Regel aber verzichtet.



    [1] Leitlinien zur Informationsanforderungen und Stoffsicherheitsbeurteilung, Kapitel R12: Verwendungsbeschreibung (https://echa.europa.eu/documents/10162/13632/information_requirements_r12_de.pdf)

    4.1. „Bottom-up approach“

    Beim „Bottom Up“-Ansatz definieren die Downstream-User-Verbände die typischen Verwendungen in ihrem Sektor und erfassen die dafür gängigen Anwendungsbedingungen und Risikomanagement-Maßnahmen. Ergebnisse dieses Sector-Use–Mappings sind die sogenannten SWED (Sector specific Worker Exposure Description) für die Arbeitnehmerexposition. Die Umweltexposition wird über die schon länger verfügbaren SpERC (specific environmental release categories) beschrieben. Der Formulierer kann die SWEDs seinen Produkten zuordnen und sie bei Bedarf an seine Rohstofflieferanten übermitteln. Die Registranten wiederum sollen sie als Grundlage für die Erstellung oder Anpassung ihrer Stoff-ES mit einbeziehen.

    Für jede dieser SWED wird ein SUMI (Safe Use of Mixtures Information) erstellt. Das SUMI enthält die Informationen aus dem SWED, die für den Endanwender relevant sind:

    • Titel und generelle Beschreibung der Verwendung
    • Anwendungsbedingungen wie z.B. maximale Dauer pro Schicht, Luftwechselrate, Prozessbedingungen (Abkürzung „OC“ für operational conditions)
    • Risikomanagementmaßnahmen wie z. B. Kapselung, Absaugung, besondere technische Vorrichtungen oder Schutzausrüstung (Abkürzung „RMM“)

    Ein Formulierer kann dann für ein Produkt das SWED mit den relevanten ES der Rohstoffe vergleichen. Im Idealfall passen die ES zum SWED, so dass der Formulierer das zugehörige SUMI an sein Gemisch-SDB anhängen kann. Vorteil dieses Konzeptes ist, dass der Formulierer auf eine Auswahl von fertigen SWEDs und SUMIs für seine Branche zugreifen kann und die Dokumente nicht spezifisch für jedes Produkt erstellen muss.

    Bei dem SUMI handelt es sich tatsächlich um einen Anhang zum Gemisch-SDB, so dass man hier von einem eSDB für Gemische sprechen kann. Es handelt sich aber um eine Branchenlösung, die nicht rechtlich verbindlich und derzeit auch in der Praxis noch kaum zu finden ist. Ob sich SUMIs oder andere Anhänge für Gemisch-SDBs durchsetzen werden, bleibt daher abzuwarten.

     

    Abbildung 1: Inhalte eines SUMI (Quelle DUCC)

    Während der „Bottom Up“-Ansatz auf den Verwendungsinformationen der Anwenderbranchen basiert, überlässt der „Top Down“-Ansatz den Registranten die Beschreibung der Verwendungen, die die Formulierer dann für sich auswerten müssen. Dafür steht die LCID-Methode (lead component identification) zur Verfügung, die eine Weiterentwicklung der früheren DPD+-Methode ist. Leitsubstanzen für die einzelnen Gefahrenklassen des Gemisches werden hier anhand ihrer Einstufung bzw. ihrer Schwellenwerte DNEL und PNEC identifiziert. Die Expositionsszenarien dieser Leitsubstanzen werden dann zur Auswahl der Risikomanagementmaßnahmen herangezogen. Für die LCID-Methode stehen Tabellen-Tools zur Verfügung, deren Anwendung einiger Expertise bedarf. Sie kann aber z.B. dann hilfreich sein, wenn der Bottom-up-Ansatz nicht möglich ist und wenn eine größere Anzahl ähnlicher Gemische bearbeitet werden soll. Mit dem Ausfüllen der Tabellen wird die Bewertung zugleich dokumentiert.

    Die Kommunikation dieser Information zur sicheren Verwendung des Gemisches kann dann über das SDB alleine oder aber über ein konsolidiertes ES als Anhang zum SDB erfolgen.

    4.3. Auswertung von Expositionsszenarien durch Experten

    Die beiden obigen Methoden bieten Hilfestellungen, die aber nicht immer anwendbar oder sinnvoll sind. Grundsätzlich kann die Auswertung auch anders z. B. durch in der Chemikalienbewertung erfahrene Experten „von Hand“ erfolgen, indem diese die Risikomanagementmaßnahmen für das Gemisch nach eigenem Ermessen auswählen. Es versteht sich von selbst, dass diese Auswahl begründet und die Begründung nachvollziehbar dokumentiert werden muss.

    5. Erstellung von Sicherheitsdatenblättern durch UMCO

    • Eine zentrale Dienstleistung der UMCO ist die Erstellung von Sicherheitsdatenblättern. Auch eSDBs für registrierte Stoffe in allen europäischen Sprachen kann UMCO mit der eigenen Software routinemäßig erstellen. Darüber hinaus bietet UMCO Formulierern und anderen nachgeschalteten Anwendern Unterstützung bei der Interpretation und Umsetzung der Inhalte von eSDBs, sowohl nach „Bottom-up“, „Top-down“ als auch auf Expertenbasis an.
    • UMCO bietet kein spezifisches Format für konsolidierte Gemisch-Szenarien an, sondern empfiehlt ihren Kunden, die Informationen in das Kern-SDB zu integrieren. Voraussetzung ist die Identifizierung der relevanten Expositionsszenarien für das Endprodukt, was eine genaue Kenntnis der Endverwendung erfordert. Die Ergebnisse dann in verständlicher Form in das SDB zu integrieren ist meist weniger problematisch.

    Gleichzeitig verfolgt UMCO aber die Diskussionen im ENES-Netzwerk und die Aktivitäten der Verbände und bereitet sich darauf vor, deren Lösungen in das eigene System zu übernehmen, sobald diese in der Praxis ankommen. Eine branchenweite Umsetzung des beschriebenen „Bottom-Up“-Ansatzes z. B. in der Lackindustrie würde sowohl die Identifizierung der relevanten Informationen als auch deren Weitergabe in der Lieferkette als „SUMI“ erheblich vereinfachen.

    Sollten Sie Fragen zum Thema Expositionsszenarien für Stoffe und/oder Gemische haben, können Sie sich gerne an unsere Expertin Frau Kerstin Heitmann, ihren Kundenbetreuer/in oder unsere Helpline wenden.

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    Zuletzt bearbeitet am 14.01.2019

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