Lange wurde darüber diskutiert: Die Einführung der gefahrenbasierten Einstufung von Lithiumbatterien in den UN-Modellvorschriften sollte mit dem Vorschriftenwechsel 2024/2025 erfolgen, aber es kam anders.
Der UN-Expertenunterausschuss für die Beförderung gefährlicher Güter (UNSCETDG) hat in seiner Sitzung im Juni/Juli 2024 in Genf beschlossen, dass die Einführung doch noch nicht zu diesem Vorschriftenwechsel erfolgen wird. Diese nun verschobene Klassifizierung von Lithiumbatterien soll auf einer gefahrenbasierten Einstufung in insgesamt neun Divisionen beruhen. Dabei wird der höchste Einstufungsgrad (gefährlichste Batterie) mit der Division 94A und der geringste Einstufungsgrad mit 94H festgelegt. Dazwischen befinden sich die Einstufungsgrade 94B bis 94G.
Als Beispiel: Lithiumzellen und -batterien sind in die Division 94A einzustufen, wenn diese gefährlich sind und eine vermehrte Entstehung von Flammen und Rauch (Propagation) gegeben ist. Demgegenüber werden Gegenstände in die niedrigste Division 94H eingestuft, sofern sich nach neuen Testverfahren keine Hitze, kein Feuer oder Rauch entwickelt und keine Gefahr für thermisches Durchgehen besteht.
Mit der Einführung dieses neuen Einstufungssystems wird eine Anpassung der Prüfungen im UN-Handbuch Prüfungen und Kriterien, Teil III, Unterabschnitt 38.3 erforderlich. Diese Prüfungen sollten in den Unterabschnitten 38.3.5 und 38.3.6 beschrieben werden und sind derzeit noch nicht final beschlossen. Es sind unterschiedliche neue 38.3-Tests erforderlich, zu denen bereits Prüfvorschriften durch Behörden und Labore erarbeitet werden.
Einhergehend mit der Einstufung in neun Divisionen werden weitere UN-Nummern vergeben. Lose Lithium-Ionen-Zellen und -Batterien sowie lose Metall-Ionen-Zellen und -Batterien bekommen eigene UN-Nummern. Damit ergeben sich weitere 16 neue UN-Nummern von UN 4000 bis UN 4015:
Division | Hazard description: cells or batteries that, when subjected to the test protocol of Manual of Tests and Criteria, subsections 38.3.5 and 38.3.6 present the following hazards: | UN Numbers for cells and batteries | UN Numbers for cells and batteries transported in or with an equipment | |
94A | Thermal runaway propagation and fire | 4000, 4008 | 4016, 4024 | |
94B | Thermal runaway propagation, no fire, but gas explosion hazard | 4001, 4009 | 4017, 4025 | |
94C | Thermal runaway propagation but no fire and no gas explosion hazard | 4002, 4010 | 4018, 4026 | |
94D | No thermal runaway propagation but fire | 4003, 4011 | 4019, 4027 | |
94E | No thermal runaway propagation, no fire but a gas volume hazard, and a temperature hazard | 4004, 4012 | 4020, 4028 | |
94F | No thermal runaway propagation, no fire, no temperature hazard, but a gas volume hazard | 4005, 4013 | 4021, 4029 | |
94G | No thermal runaway propagation, no fire and no gas volume hazard, but temperature hazard | 4006, 4014 | 4022, 4030 | |
94H | No thermal runaway propagation, no fire, no gas volume hazard, and no temperature hazard | 4007, 4015 | 4023, 4031 | |
94X* | No testing information available | 3090, 3480 | 3091, 3481 | |
*Cells and batteries not tested according to 38.3.5 and 38.3.6, including cells and batteries that are prototypes or low productions runs, as mentioned in special provision 310, or damaged or defective cells and batteries are assigned to classification code 94X. | ||||
UNSCETDG 2024: Hazard-based system for classification of lithium batteries (informal document INF.26, revised version of official document ST/SG/AC.10/C.3/2024/13 |
Tabelle: Gefahrenbasierte Einstufung von Lithiumbatterien in insgesamt neun Divisionen (Entwurf)
Das Gleiche gilt für die beiden Zellen und Batterietypen, wenn diese in Ausrüstung oder mit Ausrüstung verpackt sind. Es kommen damit weitere 16 UN-Nummer von UN 4016 bis UN 4031 hinzu. Derzeit ist nicht abschließend festgelegt, wie die Einstufung in die verschiedenen Divisionen für die Beförderung sichtbar gemacht werden soll. Dies könnte durch Schilder oder Etiketten erfolgen.
Hinsichtlich der sich aktuell im Verkehr befindlichen Lithiumbatterien und -zellen wird zudem eine Division 94X vergeben, die auf den jetzt aktuellen UN-38.3-Testanforderung beruht beziehungsweise in Zukunft nicht den neuen Testanforderungen unterworfen sein wird. Es ist geplant, dass Batterien, die entsprechend geprüft wurden, bei niedrigem State of Charge (SoC) in einer sicheren Einstufung befördert werden können. Hierbei gilt zu beachten, dass dieser SoC dann auch beim Versand zu beachten und entsprechend zu dokumentieren ist. Auch hier ist mit neuen Anforderungen zur Prüfung im Rahmen der Einstufung auf Grundlage der UN-38.3-Vorschriften zu rechnen. Ziel ist es, für Batterien, die als sicher gelten, Transporterleichterungen zu schaffen, sofern diese beim Transport einen definierten SoC nicht übersteigen.
Eine Einstufung in die neuen Divisionen soll für bereits vorhandene Batterien vorerst freiwillig sein, jedoch für neue Batterien verpflichtend werden. Abschließend wurde in der Sitzung besprochen, dass bei neuen Batterien nicht zwischen dem bestehenden und dem neuen System gewählt werden kann, sondern dass das neue Einstufungssystem heranzuziehen ist. Derzeit fehlen noch spezifische Verpackungsvorschriften und es ist auch noch nicht sicher, ob eine Einstufung in insgesamt 32 neue UN-Nummern erfolgen wird.
Bereits Einzug in die Vorschriften des ADR 2025 werden Natrium-Ionen-Batterien mit zwei neuen UN-Nummern finden. UN 3551 NATRIUM-IONEN-BATTERIEN mit einem organischen Elektrolyt, und UN 3552 NATRIUM-IONEN-BATTERIEN IN AUSRÜSTUNGEN oder NATRIUM-IONEN-BATTERIEN, MIT AUSRÜSTUNGEN VERPACKT, mit einem organischen Elektrolyt.
Diese beiden UN-Nummern können derzeit auf Grundlage Multilateraler Vereinbarungen befördert werden: Straße (M354), gezeichnet von Deutschland und Frankreich; Schiene (RID 2/2023), gezeichnet von Deutschland, Polen und Tschechien. Es gelten analog zu den Lithium-Ionen-Batterien die Sondervorschriften (SV) 188, 230, 310, 348, 376, 377, 636, 667 und 670. Das Gleiche gilt für die Verpackungsanweisungen P903, P908, P910, P911 und LP903.
Zur Kennzeichnung der Versandstücke der UN 3551 und UN 3552 wird das Batteriekennzeichen entsprechend der SV 188 verwendet. Ein Eintrag in das Beförderungspapier ist unter Nennung der M354 bzw. RID 2/2023 derzeit noch erforderlich.
An die Beförderung von Natrium-Ionen-Batterien werden besondere Anforderungen gestellt. Jede Zelle und jede Batterie muss eine Vorrichtung zur Sicherheitsentlüftung haben, um unter Normalbedingungen ein Bersten zu verhindern. Weiterhin werden wirksame Vorrichtungen verlangt, um Kurzschlüsse auszuschließen. Zellen und Batterien, die in Ausrüstungen sind, müssen vor Beschädigungen geschützt werden. Die UN 3558 ist für FAHRZEUGE MIT ANTRIEB DURCH NATRIUM-IONEN-BATTERIEN vorgesehen. Zurzeit wird die UN 3171 für diese Fahrzeuge verwendet. Nach derzeitigem Stand und Tests durch die Bundesanstalt für Materialforschung und -prüfung (BAM) sind die Natrium-Ionen-Batterien aus Sicht der Behörde nicht ungefährlicher in Reaktion und Thermik als die Lithium-Ionen-Batterien. Sie werden daher gleichwertig behandelt.
Im nachfolgenden Abschnitt wird dargestellt, welche verwaltungs- und genehmigungsrechtlichen Vorschriften aktuell bei der Lagerung von Lithium-Ionen-Batterien in Deutschland bestehen und berücksichtigt werden müssen. Vereinfachend wird von Li-Io-Batterien gesprochen. Dieser Begriff ist jedoch auch auf andere Bauarten anzuwenden, wie zum Beispiel Natrium-Ionen-Batterien (Na-Io-Batterien).
Je nach Bauart der Li-Io-Batterien sind einige der Rohstoffe und eingesetzten Materialien Gefahrstoffe im Sinne der CLP-Verordnung (Classification, Labelling and Packaging). Gefahrstoffe sind, abhängig von ihren Einstufungen und der Menge ihrer Lagerung, genehmigungsbedürftig im Sinne des Bundes-Immissionsschutzgesetzes (BImSchG). Die wesentliche Vorschrift zur Bestimmung der genehmigungsbedürftigen Anlagen ist die sogenannte Anlagenverordnung, die 4. Bundes-Immissionsschutz-Verordnung (4. BImSchV).
Gegenstand der Überlegungen ist die Frage, ob die Lagerung von Li-Io-Batterien immissionsschutzrechtlich genehmigungsbedürftig ist. Dabei ist zu untersuchen, ob die Art der Anlage bzw. der Tätigkeit in der Anlagenverordnung zum Bundes-Immissionsschutzgesetz aufgeführt ist. Ist das nicht der Fall, ist weiter zu prüfen, ob durch das Vorhandensein von Stoffen, die in der Störfall-Verordnung (12. BImSchV) im Anhang I namentlich oder über die aufgeführten Stoffgruppen erfasst sind, die Anlage ein Betriebsbereich im Sinne des §3 Abs. 5a BImSchG ist. Die Verordnung über genehmigungsbedürftige Anlagen listet abschließend alle in Deutschland immissionsschutzrechtlich genehmigungsbedürftigen Anlagen auf. Im Anhang 9 der Verordnung sind diejenigen Anlagen aufgeführt, in denen die Lagerung von Gefahrstoffen ab einer bestimmten Menge genehmigungsbedürftig ist.
Sobald die Li-Io-Batterien gefertigt sind, müssen diese Erzeugnisse entweder am Fertigungsstandort, gleich beim Kunden oder bei einem Logistikdienstleister gelagert werden. Bei Li-Io-Batterien handelt es sich um Erzeugnisse, die Gefahrstoffe enthalten bzw. enthalten können.
Die Lagerung von Li-Io-Batterien ist nicht eigenständig genehmigungsbedürftig. Li-Io-Batterien sind nicht im Stoffanhang der 12. BImSchV gelistet. Gemäß des Leitfadens KAS-43 der Kommission für Anlagensicherheit beim Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz, nukleare Sicherheit und Verbraucherschutz (BMUV) muss überprüft werden, ob und welche Mengen an Stoffen bei außer Kontrolle geratenen Prozessen anfallen können. Die Voraussetzung für diese Prüfung ist, dass im bestimmungsgemäßen Betrieb bereits gefährliche Stoffe im Sinne der Seveso-III-Richtlinie vorhanden sein müssen, und zwar in Mengen oberhalb 2 Prozent der relevanten Mengenschwelle gemäß Anhang I zur 12. BImSchV.
Derzeit kann die Herstellung von Batterien bzw. von Bestandteilen von Batterien (z.B. Trennmembrane) aufgrund bestimmter Herstellungsverfahren genehmigungsbedürftig im Sinne des BImSchG sein. Ab einer bestimmten Größenordnung (15.000 t Batteriezellen) führt die EU über die IED-RL eine Genehmigungsbedürftigkeit ein. Unabhängig davon ist die Lagerung von Batterien auch auf EU-Ebene nicht gesondert genehmigungsbedürftig.
Neben der Genehmigungsbedürftigkeit bestehen grundsätzlich zusätzliche verwaltungsrechtliche Anforderungen. Hierzu zählt vor allem auch der Umgang mit wassergefährdenden Stoffen. Das Umweltbundesamt (UBA) erläutert auf seiner Homepage, dass auch Erzeugnisse in den Anwendungsbereich der AwSV fallen. In der AwSV selbst finden sich keine Hinweise auf die Anwendung auf Erzeugnisse. Das Herausfordernde ist, dass die Anforderungen der AwSV auf den Wassergefährdungsklassen (WGK) beruhen.
Somit stellt sich die entscheidende Frage „Was ist die WGK einer Li-Io-Batterie?“ Diese (zumindest nicht leicht) zu beantwortende Frage hat der Bund-/Länder-Arbeitskreis „Umgang mit wassergefährdenden Stoffen“ (BLAK) auf einer seiner letzten Sitzungen aus seiner Sicht geklärt und Li-Io-Batterien pauschal als WGK 3 eingestuft. Diese Auffassung haben sich schnell einige Landesbehörden zu eigen gemacht und stufen somit Läger für Li-Io-Batterien als AwSV-Anlage ein. Bei einer WGK 3 und einer Menge größer 1t handelt es sich um eine Anlage der Gefährdungsstufe C für feste wassergefährdende Stoffe gemäß §39 AwSV. Das bedeutet u.a., dass diese Anlagen bei der zuständigen Behörde (in den meisten Fällen dürfte das in Deutschland die Untere Wasserbehörde sein) angezeigt werden müssen und dass vor der Inbetriebnahme eine Abnahme durch einen Sachverständigen stattfinden muss.
Grundsätzlich ist es üblich und nachvollziehbar, eine Löschwasserrückhaltung gemäß § 20 AwSV und des allgemeinen Besorgnisgrundsatzes des Gewässerschutzrechtes zu fordern. Zum Zeitpunkt der Erarbeitung dieses Artikels gibt es keine überarbeitete Vorschrift für die Bestimmung des Löschwasserrückhaltevolumens. Nach wie vor wird deshalb in fast allen Bundesländern die alte Löschwasser-Rückhalte-Richtlinie (LöRüRL) herangezogen. Baurechtlich wird ein Lager immer einer Genehmigungspflicht unterliegen. Dies liegt an dem Gebäude und nicht an den geplanten Lagergütern.
Marcel Lobstedt | Experte für Lithiumbatterien und Lithium-Ionen-Akkus
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