In unserer Beratungspraxis erhalten wir in letzter Zeit vermehrt die Frage, ob das Führen von Abfallbilanzen überhaupt noch notwendig ist. Einige Unternehmen wollten von uns wissen, ob sie darauf verzichten können und wo diese Anforderung eigentlich gesetzlich verankert ist.
Für uns als Berater ist das Thema der Abfallbilanz eine Selbstverständlichkeit – so sehr, dass wir oft gar nicht hinterfragen, wo diese Pflicht ihren Ursprung hat und in welchem Paragrafen sie konkret geregelt ist. Doch für Unternehmen bedeutet die Erstellung der Abfallbilanz, einen nicht unerheblichen administrativen Aufwand, den es zu rechtfertigen gilt.
Im Wesentlichen wird in der Abfallbilanz Art, Menge und Verbleib der in einem Unternehmen anfallenden Abfälle dokumentiert, was eine transparente Darstellung von Entsorgungswegen ermöglicht. Vereinfacht gesagt, funktioniert die Abfallbilanz also wie ein Kontoauszug, in dem alle Entsorgungsvorgänge und relevanten Informationen zusammengefasst werden.
Tatsächlich wurde die Verpflichtung zur Führung einer Abfallbilanz bereits im Juni 2005 aus dem damaligen Kreislaufwirtschafts- und Abfallgesetz gestrichen – dem Vorgänger unseres heutigen Kreislaufwirtschaftsgesetzes. Diese Entscheidung war Teil eines umfassenderen Maßnahmenpakets zum Bürokratieabbau, mit dem Unternehmen von administrativen Pflichten entlastet werden sollten. Bis zu diesem Zeitpunkt waren gewerbliche Abfallerzeuger verpflichtet, eine detaillierte Bilanz über Art, Menge und Verbleib ihrer Abfälle zu erstellen und regelmäßig zu dokumentieren. Mit der Abschaffung dieser Vorgabe entfiel die direkte gesetzliche Pflicht, eine Abfallbilanz zu führen.
Doch bedeutet das, dass Unternehmen vollständig auf eine Abfallbilanz verzichten können? Oder gibt es dennoch Gründe, sie weiterhin zu führen?
Auch wenn es keine direkte gesetzliche Verpflichtung zum Führen einer Abfallbilanz gibt, bedeutet das nicht automatisch, dass Unternehmen auf eine systematische Dokumentation verzichten können. Viele rechtliche Vorgaben enthalten Anforderungen, die Unternehmen sicherstellen müssen – unabhängig davon, ob eine explizite Dokumentationspflicht in den Rechtsvorschriften formuliert ist oder nicht.
So ergibt sich beispielsweise aus den Grundpflichten der Kreislaufwirtschaft nach § 7 KrWG die Notwendigkeit, die Einhaltung der Abfallhierarchie zu steuern und auf Anfrage nachzuweisen. Auch die Anforderungen des Bundes-Immissionsschutzgesetzes (BImSchG) haben einen abfallrechtlichen Bezug. Laut § 5 Abs. 1 BImSchG müssen Unternehmen sicherstellen, dass Abfälle vermieden, verwertet oder ordnungsgemäß beseitigt werden, soweit eine Vermeidung nicht möglich oder zumutbar ist. Ebenso fordert § 22 Abs. 1 BImSchG, dass auch nicht genehmigungsbedürftige Anlagen so betrieben werden, dass vermeidbare schädliche Umwelteinwirkungen verhindert und unvermeidbare Umwelteinwirkungen minimiert werden. Die dabei entstehenden Abfälle müssen ordnungsgemäß entsorgt werden.
Ergänzend dazu kann eine Abfallbilanz auch aus Nebenbestimmungen immissionsschutzrechtlicher Genehmigungen erforderlich werden. Häufig verlangen Genehmigungsbehörden im Rahmen des Immissionsschutzrechts eine detaillierte Dokumentation über die im Unternehmen anfallenden Abfälle und deren Verwertung oder Entsorgung. Hier kann eine strukturierte Abfallbilanz als Nachweisinstrument dienen, um die Erfüllung dieser Nebenbestimmungen lückenlos belegen zu können.
Im Zuge der Entsorgung gefährlicher Abfälle schreibt § 24 der Nachweisverordnung (NachwV) die Führung eines Abfallregisters vor. Eine Abfallbilanz kann dabei als zusammenfassende Übersicht des Registers dienen und die Nachvollziehbarkeit der Abfallströme erleichtern.
Unternehmen, die eine detaillierte Abfallbilanz führen, sind in der Lage, bei behördlichen Prüfungen sowie bei Audits und Zertifizierungen schnell und transparent Auskunft über ihre Entsorgungswege zu geben und so die Einhaltung der gesetzlichen Vorgaben nachzuweisen.
Zusätzlich erfüllt eine Abfallbilanz eine wichtige Steuerungsfunktion im Unternehmen. Sie ermöglicht die Kontrolle und Optimierung betrieblicher Entsorgungsprozesse, hilft bei der Identifikation von Nichtkonformitäten und zeigt Potenziale zur Verbesserung auf. Besonders im Rahmen eines Umweltmanagementsystems nach ISO 14001 oder EMAS spielt die Abfalldokumentation eine wesentliche Rolle bei der:
Mit der Einführung der Corporate Sustainability Reporting Directive (CSRD) steigen die Anforderungen an Unternehmen, ihre Umwelt- und Nachhaltigkeitsleistungen transparent offenzulegen. Besonders relevant für das Abfallmanagement ist dabei der European Sustainability Reporting Standard (ESRS) E5, der sich mit Ressourcennutzung und Kreislaufwirtschaft befasst. Viele der geforderten Angaben lassen sich direkt aus einer sorgfältig geführten Abfallbilanz ableiten.
So verlangt die Angabepflicht E5-5 von Unternehmen, Informationen zu ihren Ressourcenabflüssen, insbesondere Abfällen, bereitzustellen. Ziel ist es, ein Verständnis dafür zu schaffen, wie Unternehmen zur Kreislaufwirtschaft beitragen und welche Maßnahmen sie ergreifen, um Abfälle zu reduzieren, wiederzuverwenden oder ordnungsgemäß zu verwerten. Dabei müssen Unternehmen nicht nur darlegen, wie sie Abfälle innerhalb der eigenen Tätigkeiten bewirtschaften, sondern auch ihre Strategien zur Abfallvermeidung und -bewirtschaftung offenlegen.
Eine systematische Abfallbilanz liefert hierfür die notwendigen Daten, insbesondere für die geforderten Mengenangaben nach ESRS E5.37:
Zusätzlich fordert der Standard eine detaillierte Aufschlüsselung der Abfallarten, sowohl nach gefährlichem und nicht gefährlichem Abfall, als auch nach material- und sektorspezifischen Abfallströmen. Dies betrifft beispielsweise:
Unternehmen, die eine Abfallbilanz führen, sind somit optimal vorbereitet, um die Pflichten aus der CSRD effizient zu erfüllen. Sie können die geforderten Mengen- und Verwertungsangaben systematisch bereitstellen und gleichzeitig ihre Fortschritte im Bereich der Kreislaufwirtschaft dokumentieren.
Auch wenn die direkte gesetzliche Verpflichtung zur Führung einer Abfallbilanz bereits 2005 abgeschafft wurde, zeigt sich, dass Unternehmen in vielen Fällen dennoch nicht darauf verzichten können. Zahlreiche Vorschriften aus dem Kreislaufwirtschaftsgesetz, dem Immissionsschutzrecht und der Nachweisverordnung erfordern eine lückenlose Dokumentation der Abfallströme, selbst wenn diese nicht explizit, als „Abfallbilanz“ bezeichnet wird.
Darüber hinaus ist die Abfalldokumentation ein wichtiges Instrument zur Steuerung und Optimierung betrieblicher Entsorgungsprozesse. Sie ermöglicht es Unternehmen, Rechtskonformität sicherzustellen, Kostenpotenziale zu identifizieren und Nachhaltigkeitsziele effizient zu verfolgen. Besonders mit der Einführung der CSRD und des ESRS E5 wird die Bedeutung einer umfassenden Abfalldokumentation weiter zunehmen, da Unternehmen zunehmend verpflichtet sind, detaillierte Angaben zu ihrer Abfallbewirtschaftung offenzulegen.
Wer also auf eine strukturierte Abfallbilanz setzt, profitiert nicht nur von einer besseren internen Kontrolle und einem optimierten Ressourcenmanagement, sondern erfüllt auch die wachsenden Anforderungen an Nachhaltigkeitsberichterstattung, Umweltmanagementsysteme und behördliche Nachweise. In der Praxis bleibt die Abfallbilanz daher ein unverzichtbares Werkzeug für Unternehmen, die ihre Verantwortung aktiv wahrnehmen und langfristig erfolgreich wirtschaften wollen.
Simon Führt | Experte für betrieblichen Umweltschutz
Nutzen Sie die Abfallbilanz als strategisches Werkzeug. Auch ohne direkte gesetzliche Pflicht bleibt die Abfalldokumentation in vielen Fällen unverzichtbar – sei es zur Einhaltung rechtlicher Vorgaben, für Audits oder im Rahmen der CSRD-Berichterstattung. Eine sorgfältig geführte Abfallbilanz verschafft Ihnen Transparenz, erleichtert Nachweise und hilft, Optimierungspotenziale zu erkennen. Gern sind wir Ihnen bei der Einstufung von Abfällen und der Erstellung einer Abfallbilanz behilflich.
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