REACH

Änderung der REACH-Verordnung betrifft Standarddatenanforderungen

Die Europäische Kommission hat kürzlich eine Änderung der REACH-Verordnung bekannt gegeben. Die Änderungen gelten ab dem 14. Oktober 2022. Im Wesentlichen werden die Standarddatenanforderungen für Registrierungen von Stoffen mit niedrigen (1-10 tpa) bis hohen Tonnagen (> 1000 tpa) geändert.

7 Min.

12.05.2022
Schriftzug what´s new

 

In den Anhängen VI bis X der REACH-Verordnung werden die Informationsforderungen für eine Registrierung unter REACH definiert. Anhand dieser Vorgaben sollen ausreichend Informationen über den hergestellten oder importierten Stoff erhoben werden, sodass seine Gefährlichkeit beurteilt werden kann. Mit der Verordnung (EU) 2022/477 der Kommission vom 24. März 2022 gibt es einige Änderungen.

Änderungen in den Anhängen VI bis X der REACH-Verordnung

In Anhang VI werden allgemeine Informationsanforderungen beschrieben, wohingegen in den Anhängen VII bis X die Standarddatenanforderungen für hergestellte oder importierte Stoffen beschrieben sind. Die Anforderungen steigen mit der jährlichen Menge des hergestellten oder importierten Stoffs:

  • Anhang VII: 1 - 10 tpa
  • Anhang VIII: 10 - 100 tpa
  • Anhang IX: 100 - 1000 tpa
  • Anhang X: > 1000 tpa

Allgemeine Informationsanforderungen

Im Folgenden werden einige der Änderungen aus Anhang VI genannt. Diese betreffen insbesondere die Stoffidentifikation.

  • Angaben über den Nicht-EU-Hersteller von Alleinvertretern
  • Beschreibung von Stoffzusammensetzung, Nanoform oder Kategorien ähnlicher Nanoformen
  • Angabe einer Kristallstruktur
  • Angabe der Zusammensetzung von Stoffen mit unbekannter oder variabler Zusammensetzung (UVCBs)
  • Angabe von Bestandteilen, Verunreinigungen und Additiven
  • Angabe von analytischen Informationen

Standarddatenanforderungen

Im Folgenden werden einige der Änderungen aus den Anhängen VII bis X genannt. Diese betreffen insbesondere Standarddatenanforderungen zur Ökotoxizität, Mutagenität und Reproduktions-/Entwicklungstoxizität.

  • Untersuchung von Abbau- und Umwandlungsprodukten in Abbaubarkeits- und Bioakkumulationsstudien; Notwendigkeit von Folgestudien präzisiert
  • Prüfung auf aquatische Langzeittoxizität anstelle von oder zusätzlich zu Kurzzeitstudien in Abhängigkeit der Stoffsicherheitsbewertung; Notwendigkeit von Folgestudien präzisiert
  • Streichung der Toxizität für Fischembryonen und Jungfische mit Dottersack (OECD 212) als Standarddatenanforderung
  • Prüfung auf Langzeittoxizität (von Abbau- und Umwandlungsprodukten) in terrestrischen Organismen, sofern ein hohes Potenzial für die Adsorption an den Boden und Persistenz des Stoffes vorliegt
  • Für Nanostoffe ist anstelle eines Ames-Tests ein in vitro Genmutationstest in Säugerzellen durchzuführen; Notwendigkeit von Folgestudien präzisiert
  • Weitere Prüfungen auf Mutagenität (in vitro/in vivo) nach Erhalt eines einzelnen positiven Ergebnisses; Notwendigkeit von Folgestudien präzisiert
  • Präzision der Datenanforderungen zu Studien der Reproduktions- und Entwicklungstoxizität bzgl. Tierart und Verabreichungsweg; Notwendigkeit von Folgestudien präzisiert

 

Ziel der Änderung ist es, mehr Klarheit über die Pflichten der Registranten bzgl. der Einreichung von Informationen zu schaffen.

Mit den Änderungen soll die Rechtssicherheit der von der Europäischen Chemikalienagentur (ECHA) bereits angewandten Bewertungsverfahren erhöht werden.

Die ECHA hat bereits angekündigt, ihre Leitfäden entsprechend zu Überarbeiten und in Q3/Q4 dieses Jahres zu publizieren. Im April 2023 werden die Änderungen dann in einem weiteren IUCLID-Update Berücksichtigung finden.

Fazit

Eine Großzahl der Änderungen betrifft die inhaltliche Strukturierung und Anpassung der Darstellung der einzelnen Standarddatenanforderung zu einem Gesamtbild. Dies dient – keine Frage – der Übersichtlichkeit und Vereinheitlichung. Nichtsdestotrotz verbergen sich auch weitreichende Auswirkungen hinter einigen Änderungen. Insbesondere die Überarbeitung der Datenanforderungen der Ökotoxikologie führen zu einer signifikanten Änderung der bisherigen Praxis der Stoffsicherheitsbewertung. Es ist wissenschaftlich anerkannt und weit verbreitet, dass die Notwendigkeit von weiteren Daten zur Langzeittoxizität anhand der Risikobewertung auf Grundlage von Daten zur Kurzzeittoxizität und Sicherheitsfaktoren ermittelt wird.

Tatsächlich führt die Präzisierung vieler Standarddatenanforderungen zu einem Verlust an Flexibilität bei der Erfüllung derselben. Die striktere Definition, wann Folgestudien erforderlich werden und wann ein Abweichen von den Datenanforderungen möglich bzw. nicht mehr möglich ist, kann unter Umständen zu einem sinkenden Einsatz von NAMs (New Alternative Methods), Expert Statements, Read-across- (Stoffgruppen- und Analogiekonzept), und Weight-of-Evidence-Ansätzen (Beweiskraft der Daten) bei gleichzeitig steigender Anzahl von Tierversuchen führen. Lediglich die Streichung der Toxizität für Fischembryonen und Jungfische mit Dottersack (OECD 212) als Standarddatenanforderung stellt eine Änderung dar, die aus tierschutzrechtlichen Gründen erwogen wurde.

Momentan ist die REACH-Verordnung im Wandel und daher bleibt zu hoffen, dass wieder verstärkt Augenmerk auf die Weiterentwicklung von Alternativen zum Tierversuch und die regulatorische Akzeptanz alternativer Ansätze gelegt wird.

Empfehlung

Gemäß der REACH-Verordnung sind Sie dazu verpflichtet Ihre Registrierungen auf dem aktuellen Stand zu halten und proaktiv Änderungen sowie Neuerungen mitzuteilen. Machen Sie sich mit den Änderungen, welche ab dem 14. Oktober 2022 gelten, vertraut und prüfen Sie Ihre Registrierungen dahingehend. Außerdem rufen wir Sie dazu auf den Wandel der REACH-Verordnung mitzugestalten. Verfolgen Sie die aktuellen Entwicklungen und nutzen Sie Ihr Netzwerk, um sich bei der Umgestaltung zu beteiligen.

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