Umweltschutz

ISO-Normen und Klimawandel: Neue Chancen für Unternehmen

Die aktualisierten ISO-Normen verpflichten Unternehmen, Klimarisiken in ihre Geschäftsprozesse zu integrieren. Dies betrifft alle Managementsystemnormen, die die High-Level-Structure beinhalten, und umfasst die Bewertung klimatischer Einflüsse sowie die Berücksichtigung von Stakeholder-Erwartungen.

Dieser Beitrag ist zuerst erschienen in der  FARBE UND LACK // 360° » FARBE UND LACK Heft 12/2024. FARBE UND LACK ist die führende Medienmarke für deutschsprachige Fachinformationen für die Lackindustrie.

7 Min.

30.06.2025
Baumkrone

Obwohl die neuen Anforderungen komplex erscheinen, bieten sie Chancen: Nachhaltige Innovationen können die Widerstandsfähigkeit erhöhen und Wettbewerbsvorteile schaffen, während Unternehmen eine nachhaltige Geschäftsentwicklung fördern. Das ISO Technical Management Board geht davon aus, dass es ein weit verbreiteter Irrglaube ist, dass Überlegungen zum Klimawandel auf Organisationen beschränkt sind, die sich für die Einführung eines Umweltmanagementsystems entschieden haben. Tatsächlich sind die meisten Organisationen wahrscheinlich auf die eine oder andere Weise vom Klimawandel betroffen und müssen sich möglicherweise an ihn anpassen, um ihre Ziele und ihren strategischen Zweck weiterhin erfüllen zu können. So ist es nicht verwunderlich, dass die ISO-Managementsystemnormen Ergänzungen erhalten haben, die Unternehmen dazu auffordern, Klimarisiken aktiv in ihre Geschäftsprozesse einzubinden. Diese Änderungen greifen für alle Typ-A Managementsystemnormen und gelten unmittelbar. Auf den ersten Blick können sie überwältigend wirken, doch sie eröffnen auch Chancen, um nachhaltiger und widerstandsfähiger in die Zukunft zu blicken.

Klimawandel als Teil des Organisationskontextes

Bei den Änderungen handelt es sich um zwei Erläuterungen in den Kapiteln 4.1 (Verstehen der Organisation und ihres Kontexts) und 4.2 (Verstehen der Bedürfnisse und Erwartungen der interessierten Parteien). Durch die Änderung sind Unternehmen nun verpflichtet, den Klimawandel explizit als relevanten externen Einfluss zu bewerten. Es geht darum, sowohl die Auswirkungen auf das Unternehmen zu verstehen als auch zu prüfen, inwiefern das Unternehmen selbst zum Klimawandel beiträgt. Klimatische Veränderungen wie Extremwetterereignisse, Ressourcenknappheit oder unterbrochene Lieferketten müssen nun systematisch in das Risikomanagement integriert werden. Diese konkretisierte Anforderung gilt ISO-übergreifend, also nicht nur für ISO 14001 (Umwelt), sondern auch für Normen wie ISO 9001 (Qualität), ISO 45001 (Arbeits- und Gesundheitsschutz) und ISO/IEC 27001 (Informationssicherheit). Damit ist der Klimawandel ein strategisches Thema, das alle Unternehmensbereiche betrifft.

Stakeholder-Erwartungen und globale Klimaziele

Unternehmen müssen gemäß Kapitel 4.2 auch die Erwartungen ihrer Stakeholder berücksichtigen. Hierzu gehören Kunden, Investoren, Behörden und die eigenen Mitarbeitenden. Ein wesentlicher Teil dieser Änderung betrifft die Erfüllung globaler Klimaziele wie der Reduktion von CO2-Emissionen. Dies bedeutet, dass Unternehmen ihre langfristigen Ziele und Strategien stärker auf Klimaziele ausrichten und sicherstellen müssen, dass diese Ziele mit den Erwartungen der Stakeholder übereinstimmen. Gleichzeitig müssen auch die Auswirkungen auf das Geschäftsmodell selbst und die Marktfähigkeit der eigenen Produkte bewertet werden.

Audits und Zertifizierungen: Klimastrategien auf dem Prüfstand

Auditor:innen werden mit Sicherheit häufiger Fragen dazu stellen, ob bzw. wie Unternehmen den Klimawandel systematisch in ihre Prozesse einbinden. Besonders in den Normen ISO 14001 und ISO 50001, aber auch in anderen Managementsystemen, wird die Prüfung der Klimastrategien eine zentrale Rolle spielen. Unternehmen müssen nachweisen, dass sie Klimarisiken nicht nur erkannt, sondern auch konkrete Maßnahmen zur Risikominderung ergriffen haben. Besonders herausfordernd ist dabei, dass es keine Umstellungsfristen gibt. Die neuen Anforderungen sind sofort gültig und werden beim nächsten Audit geprüft. Unternehmen, die diese Anpassungen nicht rechtzeitig vornehmen, laufen Gefahr, mit einer Feststellung belegt zu werden.

Komplexitäten und Unsicherheiten

Eine der größten Sorgen vieler Unternehmen ist die Komplexität der neuen Anforderungen. Die Einbindung des Klimawandels in die Kontextanalyse erfordert systematisch zu prüfen, welche klimatischen Veränderungen die eigenen Geschäftsprozesse beeinflussen könnten. Unternehmen müssen sich fragen: Wie analysieren wir diese Risiken? Welche internen und externen Faktoren müssen berücksichtigt werden und wie können wir sicherstellen, dass wir keine wichtigen Aspekte übersehen? Als besonders herausfordernd wird auch das Sammeln präziser Daten empfunden, die zeigen, wie das Unternehmen vom Klimawandel betroffen sein könnte – insbesondere, wenn bisher wenig Erfahrungen mit solchen Themen vorliegen.

Falls Sie sich hier wiedererkennen, möchte ich Ihnen sagen: Beginnen Sie mit der Analyse der bestehenden Prozesse und identifizieren Sie Bereiche, in denen Klimarisiken am relevantesten sind. Dies könnte die Lieferkette, den Standort oder bestimmte Produktionsprozesse betreffen. Fokussieren Sie sich zunächst auf die dringendsten Klimarisiken und erweitern Sie die Analyse nach und nach. Denken Sie daran, die ISO-Normen basieren auf kontinuierlicher Verbesserung. Sie müssen nicht von Anfang an alles perfekt umgesetzt haben und die Betrachtung kann sich im Laufe der Zeit verfeinern. Kommen Sie allerdings zu dem Schluss, dass der Klimawandel auf Ihr Unternehmen keine Auswirkungen hat, halten Sie dies ebenfalls fest.

Eine weitere Unsicherheit besteht oft darin, welche Maßnahmen konkret ergriffen werden sollten. Die Normen fordern nicht nur, Risiken zu erkennen, sondern auch, geeignete Gegenmaßnahmen zu ergreifen. Welche Art von Maßnahmen wird erwartet? Reichen kleinere Anpassungen, wie die Reduzierung des Energieverbrauchs oder müssen größere strategische Veränderungen vorgenommen werden? Werden die getroffenen Maßnahmen als ausreichend angesehen, um Klimarisiken zu minimieren? Und wie gehen wir mit langfristigen Risiken um, die vielleicht schwer vorherzusagen sind? Auch hierzu sei gesagt, dass der Kern der ISO-Normen, insbesondere im Hinblick auf den Klimawandel, ein risikobasierter Ansatz ist. Es wird nicht erwartet, dass Sie sofort alle möglichen Klimarisiken eliminieren. Vielmehr geht es darum, eine fundierte Risikobewertung durchzuführen und geeignete Maßnahmen zu entwickeln, die den größten Risiken entgegenwirken. Ein Beispiel wäre, zunächst die Extremwetterrisiken für Produktionsstandorte zu bewerten und Maßnahmen wie Notfallpläne oder eine verbesserte Lieferkettenstrategie zu entwickeln.

Herausforderungen und Chancen

Natürlich stellen diese neuen Anforderungen eine erhebliche Umstellung dar. Unternehmen, die bislang wenig mit dem Thema Klimawandel zu tun hatten, müssen jetzt Ressourcen, Zeit und Know-how investieren, um die ISO-Ergänzungen umzusetzen. Die neuen Anforderungen sind aber nicht nur eine Herausforderung, sondern auch eine einzigartige Chance, das eigene Unternehmen auf eine nachhaltige Zukunft auszurichten und die gelebte Praxis zu hinterfragen. Unternehmen, die den Klimawandel in ihre Strategien und Prozesse integrieren, schaffen nicht nur die Basis für eine widerstandsfähige und langfristig erfolgreiche Geschäftsentwicklung, sondern tragen auch aktiv zur Bewältigung einer der größten globalen Herausforderungen bei – für das Unternehmen, für die Umwelt und für kommende Generationen.

Simon Führt | Experte für betrieblichen Umweltschutz

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Klimatische Veränderungen wie Extremwetterereignisse, Ressourcenknappheit oder unterbrochene Lieferketten müssen nun systematisch in den Managementsystemen aufgenommen werden. Diese konkretisierte Anforderung gilt ISO-übergreifend, also nicht nur für ISO 14001 (Umwelt), sondern auch für Normen wie ISO 9001 (Qualität), ISO 45001 (Arbeits- und Gesundheitsschutz), ISO 50001 (Energie) oder ISO/IEC 27001 (Informationssicherheit). Damit ist der Klimawandel ein strategisches Thema, das alle Unternehmensbereiche betrifft.

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